Regionalliga Nord – 2. Spieltag

Als Aufhänger dieses Berichts dient vorerst der 11.11.2016. An diesem Freitag spielte unsere deutsche Nationalelf gegen den “Zwergstaat” San Marino. Mit einem deutlichen Endstand von 8:0 konnte sie dabei ihrem Ziel, der Teilnahme an der Fußballweltmeisterschaft 2018, ein großes Stück näher kommen. Jetzt stellt sich bestimmt bei dem einen oder anderen die Frage, warum ich über Fußball schreibe. Nun denn, darauf ist ganz leicht eine Antwort zu finden. Dieses Qualifikationsspiel für die WM hat durchaus Parallelen zu unserem letzten Spieltag am 20.11.16 gegen den “Neuling” SC Havelland. Und nein, das ist nicht die Spielformation 4-4-2, mal ganz davon abgesehen, dass im Schach hingegen nur 8 Spieler einer Mannschaft am Start sind. Die meisten ahnen es jetzt bestimmt schon (bzw. wissen es), es handelt sich hierbei um das Ergebnis. Am liebsten würde ich an dieser Stelle freudestrahlend von unserem Erfolg berichten, nur leider bleibt es mir verwehrt. Bei diesem Punktspiel nahmen wir leider die Position von San Marino ein. 🙁 🙁 🙁

Damit habe ich eigentlich alles gesagt und das Schlimmste vorneweg genommen. Mehr gibt es kaum noch dazu zu sagen. Mit diesem Endstand kann ich allerdings von mir behaupten, dass ich Vereinsgeschichte geschrieben habe. Rein des Interesses wegen recherchierte ich ein wenig im Archiv des Chessorganizers und ich kann mich nicht entsinnen, dass wir jemals in so einer Höhe eine Niederlage erleiden mussten – zumindest konnte ich keine finden.

Man merkt, das Schreiben fällt mir schwer, nur ich möchte wenigstens nachfolgend den Versuch wagen, dieses Ergebnis etwas “schön” zu schreiben. Ich würde zum Beispiel nicht unbedingt behaupten, dass wir mit einem Zwerg wie San Marino gleichzusetzen sind, im Gegenteil. Auch die Leegebrucher Schachfreunde haben ihre Sternstunden (#SC Oberkrämer), doch aufgrund eines Spielerengpasses trat die Schwierigkeit auf, die Mannschaft vollzubekommen. Zum Glück erklärten sich aber acht waghalsige Spieler bereit, nach Falkensee in die Höhle der Löwen zu fahren. Letztendlich bin ich als Mannschaftsleiter froh gewesen, dass alle unsere Bretter besetzt waren. Vor Ort kam es zu folgenden Begegnungen (Hinweis: Der jeweils Erstgenannte spielte mit Weiß. Die aufgeführten DWZ-Zahlen sind zu dem Zeitpunkt des Wettkampfes auf den neusten Stand aktualisiert worden):

Brett 1: Dietmar Rehder (1591)     –   Rudi Husser (1947)

Brett 2: Egmar Rödel (1937)             –   Christopher Luthardt (1530)

Brett 3: Nikolas Nimptsch (1482)  –    Gert-Wolfram Schulz (1873)

Brett 4: Jörg Schnellknecht (1678)   –    Sven Huhndt (1500)

Brett 5: Jan-Luca Dauwe (1120)     –    Mario Salzwedel (1696)

Brett 6: Oskar Husser (1617)           –    Tobias Kretzschmar (1179)

Brett 7: Paul Schulz (0)                    –   Andreas Baßel (1627)

Brett 8: Horst Mohr (1598)              –    Dieter Hellmich (1249)

Zu unserem Nachsehen trat Havelland mit einer Durchschnitts-DWZ von etwa 1747 in einer weit überlegenen Form an. Klar mögen die DWZ-Zahlen ja bekanntlich wenig über einen Schachspieler aussagen, aber mit unserer Aufstellung (Durchschnitts-DWZ von 1331, wobei Paul hierbei mit einer 1000 eingerechnet wurde) verglichen zeigt sich doch eindeutig der gewaltige Unterschied. Von Anfang an war uns auch bewusst, dass es nicht viel zu holen gibt. Klar könnte ich auch sagen, dass gar nichts für uns an Punkten zu erkämpfen war, nur ich möchte als Mannschaftsleiter stets immer eine positive und optimistische Aura verbreiten. Überraschungen können jederzeit auftreten, so auch vielleicht an diesem Spieltag wie wir hofften. Nur wie wir schon wissen, wurde daraus nichts…

Nun aber genug Allgemeines. Widmen wir uns noch etwas näher den gespielten Partien zu:

Am 5. Brett spielte Sven mit Schwarz gegen Jörg Schnellknecht. Es kam die Skandinavische Verteidigung aufs Brett. Sven wollte gerne die Variante mit 1. e4 d5 2. exd5 Sf6 3. d4 Sxd5 4. c4 Sb4 5. Da4+ Sc6 6. d5 spielen, nur an dieser Stelle wusste er nicht weiter, da er vorher gedanklich vergessen hat, einen Läuferzug auszuführen. Aus diesem Grund ließ er diese Variante lieber sein und strebte fortan einen normalen Aufbau an. Er stand nach der Eröffnung etwas passiv, dafür aber auch kompakt. Ein Großteil der Figuren wurde getauscht. Sein Gegner besaß keine richtige Möglichkeit, bei ihm in die Stellung einzudringen. Jedoch unterlief Sven dann ein Fehler. Durch ein Abzugsschach verlor er eine Figur. Sven hat dieses nicht übersehen, sondern er dachte nur, dass es nicht funktionieren würde. Die Realität sah dann letztendlich anders aus, was ihn als Erstes zur Aufgabe zwang.

Tobias spielte ebenso mit schwarz. Sein Gegner wählte das Damengambit. Es gelang Tobias, ihn mehr im Zentrum und am Königsflügel unter Druck zu setzen. Jedoch fand Weiß eine Lösung und erzielte durch einen für Schwarz unangenehmen Zug einen kleinen Materialvorteil. Ab dem Zeitpunkt hat Tobias kein Land mehr gesehen.

Nun zu Nikolas, der bis ans dritte Brett vorgerückt war. Mit einem fast 1900er hatte er einen harten Brocken vor sich zu sitzen. Nikolas eröffnete mit 1. e4 und es kam wie bei Sven mit 1. …d5 Skandinavisch als Antwort. Die ersten Züge absolvierte Nikolas recht zügig, da er die Theorie kannte. Stutzig wurde er, als sein Gegner Züge machte, die gegen Prinzipien verstoßen haben. Dies zeigte sich auch rasch: Sein Gegner war im Entwicklungsnachteil, währenddessen Nikolas hingegen schon alle Aufgaben der Eröffnung erledigt hatte und anfing, nach vorne zu arbeiten. Es entstand eine komplizierte Stellung, bei der es einiges zu rechnen gab. Zwei Varianten würden Nikolas in Vorteil bringen, eine in Nachteil. Ein Springer  störte dabei, sodass Nikolas versuchte, diesen durch einen Figurentausch abzulenken. Sein Gegner schlug aber mit einem Bauern zurück und eine Figur hing auf einmal durch eine Fesselung. Die Variante kalkulierte er leider nicht mit ein, weil er sie relativ schnell abhakte, da sie nur weiter die Stellung des Gegners schwächen würde. Er kämpfte noch etwas weiter und opferte mehrere Figuren, um an den König zu gelangen, doch es reichte nicht. Ein paar Minuten nach Tobias reichte auch Nikolas seinem Gegner die Hand.

Als nächstes schwenkte Christopher die weiße Flagge. Die Partie endete in etwa zeitgleich mit der von Nikolas. Mit 1. d4 f5 2. Lg5 g6 3. h4! wich Weiß früh von der regulären Holländischen Verteidigung ab. Durch die aggressive Eröffnung musste Christopher lange an seiner Entwicklung arbeiten, um dann letztendlich lang zu rochieren. Sein Gegner wählte ebenso den Damenflügel als Schutz für seinen König. Schwarz gewann durch Bauernzüge immer mehr an Raum. Lange sah alles solide aus, bis Schwarz allerdings einen vergifteten Bauer auf g2 nahm. Gleich im nächsten Zug hatte Christopher leider noch ein Blackout und nahm einen zweiten Bauern. Das hatte für Weiß zuerst den Qualitätsgewinn und danach eine definitive Gewinnkombination zur Folge. Demnach war auch die Partie am 2. Brett gelaufen.

Machen wir einen Sprung nach ganz hinten zu Dieter. Er spielte mit Schwarz die Französische Abtauschvariante. Im siebten Zug folgte Weiß mit La3 und machte die kurze Rochade von Dieter zunichte. Ein Bauernverlust erlitt er dann im 13. Zug, wodurch Schwarz stark unter Druck geriet. Nach einem Figurentausch ging es mit je einem Turm ins Endspiel. Mit dem Mehrbauern hatte Weiß Vorteil und er brachte Dieter dazu noch in Zugzwang. Den Partieverlust konnte auch er nicht mehr verhindern, weshalb er nach 47 Zügen aufgab.

Gegen Oberkrämer hat Jan-Luca mit seinem Remis gegen einen 1566 schon einen beachtlichen Erfolg für sich verbuchen können, mit welchem er auch gleich für sich als Spieler der 1. Mannschaft geworben hat. Nun folgte gegen Havelland direkt sein zweiter Einsatz: Jan-Luca wählte mit Weiß das Damengambit, welches nach einigen Zügen auch einen gewissen Grünfeldindisch-Charakter aufwies. Er baute sich solide auf und stand für meinen Geschmack nach der Eröffnung besser, als ich mir im Überflug alle Partien ansehen ging. Jedoch wurde ihm eine Fesselung zum Verhängnis, bei der er eine Qualität verlor. Durch korrekte Spielweise hätte diese behalten werden können. Das Turm gegen Springer- Endspiel war für Jan-Luca wegen der Überlegenheit des schwarzen Turms verloren.

Für Paul war es sein erster Einsatz für unsere erste Mannschaft. Viele Erfahrungen mit Langzeitpartien hatte er noch nicht. Dadurch, dass er direkt am 7. Brett saß, hatte er mit einem 1627 einen für seine Verhältnisse starken Gegner erwischt. Allerdings sagt das nichts aus, denn Paul hat von uns allen sogar an diesem Spieltag am stärksten gespielt. Er wählte mit Weiß als Eröffnung den geschlossenen Sizilianer, was seinem Gegner anscheinend aus dem Konzept brachte. Schwarz machte viele fragwürdige Züge. Zum einen stellte er eine Figur ein, nur Paul sah dies leider nicht. Er spielte weiter nach den Prinzipien, verbesserte seine Stellung immer mehr. Dann machte Schwarz wieder einen Fehler, was ihm die Qualität kostete. Weiß hatte hier die Oberhand und war weiter am Drücker. Dazu kam noch, dass Pauls Gegner weit weniger Zeit besaß, was zu weiteren Zügen führte, die Weiß mehr und mehr in Vorteil brachten. Ich muss es an dieser Stelle einmal kurz betonen, Paul stand gegen einen 1627 ganz klar auf Sieg! Sein Gegner bot ihm vor lauter Verzweiflung auch Remis an, welches Paul verständlicherweise ablehnte. Leider unterlief ihm gegen Ende des Mittelspiels ein Patzer, bei dem er die Qualität infolge einer Fesselung wieder verlor. Er gewann sie aber wieder, da ein Bauer drohte, sich in eine Dame umzuwandeln. Im Endspiel ließ er Schwarz durch Schachgebote viele seiner Bauern abräumen. Sein Turm konnte zum Schluss die beiden verbundenen Freibauern auf dem Damenflügel nicht mehr aufhalten, was Paul als Vorletztes zur Aufgabe zwang. Dennoch hätte Paul den Sieg verdient. Ihm hat nur die Erfahrung gefehlt, spielerisch war er seinem Gegner weit überlegen. Trotzdem starke Leistung Paul, weiter so!

Bei Dietmar waren nach sieben Zügen beide Damen vom Brett. Soweit ich mich noch erinnern kann, war auch hier ein Skandinavier zu sehen. Schwarz besaß Entwicklungsvorteil, nachdem er im 11. Zug lang rochierte, sowie das Läuferpaar. Dietmar rochierte wie sein Gegner, aber erst zwei Züge später. Weiterhin hatte sein Gegner einen verbundenen Freibauern auf e4. Weiß positionierte seine Bauern auf schwarze Felder – Schwarz hingegen die Bauern auf weiße Felder. Dietmar kämpfte die ganze Zeit über um Ausgleich. Zur Zeitkontrolle schaffte es sein Gegner, seinen Freibauer in eine Dame umzuwandeln. Auch Dietmar stand infolge eines Durchbruchs vor einer forcierten Bauernumwandlung, welche er aber leider übersah. An dieser Stelle gratulierte Dietmar seinem Gegenüber als Letztes zum Sieg. In der nachträglichen Analyse stellte sich heraus, dass nach Dietmars Bauernumwandlung ein Dauerschach gekommen wäre, welches aber nach einigen Zügen hätte abgewickelt werden können. Dietmar stand selbst mit seinem König die ganze Zeit in Schusslinie, was dann ausgenutzt werden und zu einem Sieg reichen würde. Es hätte sich demnach nichts am Ergebnis geändert.

Das war es eigentlich, mehr gibt es im Grunde genommen nicht dazu zu sagen. Dennoch bin ich etwas positiv überrascht, wie viel es insgesamt doch zu berichten gab. 😉

Es gibt definitiv Schlimmeres – ein 9:0 zum Beispiel. 😉 Spaß hat es trotzdem gemacht, auch wenn die eine oder andere Partie etwas schneller endete. Und der Kaffee war gut, weshalb es sich auch gelohnt hat, nach Falkensee zu fahren. 🙂

Ich denke, dass es an sich doch ganz einfach ist: Gegen Neuruppin II am 04.12. gewinnen wir 8:0 und dann hat sich das. 😉 Des Weiteren glaube ich fest daran, dass wir im Laufe der Saison wieder wesentlich stärker auflaufen werden – es kommen ja noch neun Spieltage.

Abschließend danke ich noch einmal unseren angetretenen Spielern, vor allem Dieter und Paul, die noch kurzfristig eingesprungen sind, damit unsere Mannschaft voll wird. Auch danke ich unseren Fahrern, ohne die wir sonst nicht nach Falkensee gekommen wären!

 

Nikolas Nimptsch

 

Spaß am Schach in Leegebruch

Spaß am Schach in Leegebruch