Vom 22. bis zum 25. November fand das 4. “Heusenstamm Sparkassen Open” statt und ich, Felix Teichert, war live als Spieler dabei. So weit hinten auf Setzplatz 138 war ich zuvor noch nie, doch gerade deswegen meldet man sich bei solch einem starken Turnier an, um Erfahrungen außerhalb der Region zu sammeln und dauerhaft gegen starke Gegner zu spielen, was in Brandenburg als Top 100 Spieler kaum möglich ist. Hier ist mal die Startrangliste im A-Turnier: http://www.heusenstamm-sparkassen-open.de/2018/a/hso_start.htm

Im Bericht sind 5 Taktik/Strategieaufgaben versteckt. Die Lösungen dazu gibt es am Ende des Berichts.

Somit machte ich mich Donnerstag früh auf den Weg nach Heusenstamm in der Nähe von FFM, um dann gleich um 17:00 die erste Runde spielen zu dürfen…

Hier werden gleich über 400 Leute das Spiel der Könige spielen.

Als Gegner erhielt ich FM Jens Hirneise (2371 DWZ) mit schwarz. Lange hielt ich mich dabei gut und konnte sogar aktives Spiel generieren. Nach 60 gespielten Zügen hat er jedoch jegliches Counterspiel verhindert und ich musste mich geschlagen geben.

Stellung nach dem 26. Zug. Es folgten 34 weitere Züge.

Somit ging es ab ins 4-Sterne Hotel, um am nächsten Morgen ausgeruht mit weiß gegen 1792Elo spielen zu können. Hier kam eine eher schlechte Skandinavisch-Variante aufs Brett, die ich normalerweise im Schlaf besiege. Doch ich war ein wenig müde und dachte zu wenig über die Züge nach. So hat schwarz kurzzeitig ausgeglichen und hätte sogar besser stehen können. Doch genau dann ließ er mich wieder ins Spiel kommen, er bot Remis und es war Ausgleich. Doch in ausgeglichenen Stellungen vor Zug 20 nimmt man kein Remis an (zumal nicht gegen Schwächere) und es hat sich gelohnt. Er opferte eine Figur für 2 Bauern, was zwar gefährlich aussah, aber logischerweise nicht komplett funktionieren konnte, da ich genau so viele Verteidiger wie er Angreifer hatte. Somit war es nur eine Frage der Technik die Stellung zu verteidigen, bis ich dann mit zwei ausgeklügelten taktischen Schlägen die Partie entscheiden konnte.

Hier konnte ich den letzten taktischen Schlag ausführen. Weiß am Zug hat 2 Möglichkeiten das Spiel zu entscheiden…(Taktik 1)

Am Nachmittag ging es dann mit schwarz gegen 2120 Elo weiter. Hier konnte ich mich noch 10min auf das Morra-Gambit vorbereiten und kam auch mit ausgeglichener Stellung heraus. Jedoch übersah ich eine Taktik, weshalb er auf Gewinn stand. Dies spielte er trotzdem nicht sauber, sodass ich eine interessante Stellung bekam. Ich hatte die Dame, er hingegen 1 Turm + Läufer + Springer. Das Besondere war jedoch, dass ich mit meiner Dame all seine Figuren dominieren konnte und sogar 2 Bauern gewann. So spielte ich plötzlich auf Gewinn, habe dann aber überzogen und bin durch eine Unachtsamkeit in ein Mattnetz gelaufen.

Die Stellung nach dem 41 Zug. Hier habe ich mit schwarz augrund des a4-Freibauern und des fallenden h5-Bauern zu viel gewollt.

Abends ging es dann zusammen mit einer Freundin zum Italiener, wo wir uns mit weiteren Schachfreunden verabredet hatten. So wurde es eine gemütliche 6er Runde 🙂

Am 3. Tag erwartete mich ein junges 15-jähriges Talent vom SK Langen mit 1753 DWZ. Ich konnte mich mangels fehlender Partien nicht vorbereiten und spielte deswegen einfach mal spontan Englisch, was in ein Damengambit überging. Zunächst hat schwarz ausgeglichen, was mich aber nicht davor abschreckte, einen Standardplan mit f3 e4 durchzuziehen, um ein Bauernzentrum zu erhalten. Dafür gab ich sogar mein Läuferpaar auf.

Weiß am Zug kann positionellen Vorteil erlangen durch die Schaffung eines Bauernzentrums. (Taktik 2)

Mit einer dominanten Stellung gewann ich schließlich einen Bauern, habe jedoch etwas übersehen, sodass er Counterspiel bekam. So verlor ich leider schließlich 2 Bauern und hatte einen weniger, dafür einen aktiven König nur geschützt durch Dame und Turm im Zentrum (der ständig von der gegnerischen schwarzen Dame Schach gesetzt wurde) und 2 verbundene Freibauern auf e5 und d6. Nun galt es Schachs zu verhindern und nach und nach die Bauern vorzuziehen und nicht in ein Dauerschach zu laufen… Dies schaffte ich auch letztendlich und gewann.

Stellung nach dem 48 Zug. Trotz Minusbauer entscheiden die zwei verbunden Freibauern auf e5 und d6 die Partie. Es folgte 49. d7.

Am Nachmittag bekam ich schwarz gegen 2090 Elo. Mein Gegner kam 15min zu spät, weil er feststellen musste, dass Vorbereitung gegen mich zwecklos ist 😀 (wer meinen Spielstil kennt, weiß das).
So spielte er einfach sein Standard-Englisch und bekam eine leicht bessere Stellung. Jedoch habe ich einen Non-Standard Zug im Mittelspiel gemacht und ihn dadurch verwirrt bis die Stellung ausgeglichen war. Ab diesem Zeitpunkt spielte ich auf Gewinn und schaffte dies durch einen Bauernsturm am Königsflügel, währenddessen ich sein Counterspiel am Damenflügel verhinderte.


Schwarz am Zug gewinnt einen wichtigen Bauern. (Taktik 3)


Irgendwann kam es dann logischerweise zu einer Taktik, wo ich einen wichtigen Bauern gewann und meine Stellung immer besser wurde. Zum Ende hin wollte er noch seine Qualle opfern, die ich aber dankend ablehnte, da mein Läufer so stark war wie seine beiden Türme zusammen. Daraufhin gab er kurze Zeit später auf, da er immer mehr Material verloren hätte…


Schwarz am Zug lehnt die Qualle dankend ab… (Taktik 4)

An diesem Abend ging es dann noch mal zum Italiener, da es am Vortag dort so gut war. Währenddessen wurde die Paarung ausgelost und ich erhielt weiß gegen Alex Browning, einem 17-jährigen mit 2131 DWZ, der schon mal über 2200 Elo hatte. Keine leichte Aufgabe also und ich bereitete mich auf gut Glück gegen Ost-Indisch vor. Tatsächlich reichte die kurze Vorbereitung für wahnsinnige 7 Züge…

Diese Vorbreitung sollte aufs Brett, jedoch wich mein Gegner nach 7 Zügen ab…

Also spielte ich wieder Non-Standard, um ihm Angst zu machen und Remis anzubieten. Tatsächlich erreichte er Ausgleich und lehnte das Remis ab. Somit musste ich also meinen Plan fortsetzen, war jedoch zu eifrig und stellte quasi in einem Zug 2 Bauern ein. Jedoch erhielt ich dafür Kompensation in Form eines Angriffs nach einem überheblichen Zug meines Gegners und hatte dann plötzlich das Gefühl, dass etwas gehen kann und bereitete ein paar Fallen vor. Nach 20min fand ich dann in folgender Stellung eine gewinnbringende Idee, die er nicht mehr verhindern konnte und gewann Material.

Weiß am Zug erreicht eine komplett gewonnene Stellung. (Taktik 5)

Somit war das Turnier perfekt, jedoch musste noch die letzte Runde gegen 2200+ überstanden werden. Überraschenderweise erhielt ich nochmal weiß, was gegen so einen Gegner bedeutet: “Kraut-Eröffnung” spielen im Hikaru Nakamura Style. Mein Gegner war sichtlich angepisst, hatte er doch nach über 10 Zügen immer noch nicht in für ihn unbekannten Gewässern ausgeglichen. Auf einmal freute er sich, dass er das Läuferpaar gewinnt… Ich wusste jedoch, dass man in einer anderen Variante den Läufer sowieso abgibt und konzentrierte mich lieber auf die Stabilität im Zentrum. Somit bot ich dann irgendwann Remis, da er absolut nichts hatte.

Stellung nach dem 22 Zug: Schwarz spielte weiter. Der weiße Springer auf e5 sichert weiß den kompletten Ausgleich gegen das Läuferpaar. Zudem sind die Bauern am Damenflügel potenziell im Endspiel schwach.

Er meinte es besser zu wissen und stellte dann irgendwann einen Bauern ein. Dies wäre jedoch trotzdem schwierig gewesen zu gewinnen und hätte wahrscheinlich lange gedauert. Außerdem muss man manchmal einfach zufrieden sein mit dem, was man erreicht hat und es absichern. Die Chancen für einen Ratingpreis (für 3. hätte es schon 80 € gegeben) standen auch gut, jedoch stellte der eine 2250er gegen einen 2000er noch was ein, sodass ich nur 4. unter 2100 TWZ wurde. Na ja, am Ende bleibt eine 2183 DWZ-Leistung, ein ELO-Gewinn von 32 Elo und ein DWZ-Gewinn von 44 DWZ.

4,5 zu 2,5 Punkte gegen einen 2045-DWZ Gegnerschnitt.

Es war auf jeden Fall ein sagenhaftes gutes Turnier, es hat sehr viel Spaß gemacht und die Erfahrungen, die ich sammeln wollte, wurden mir gegeben. Jetzt geht es wieder bergauf.

Felix vor der letzten Runde in Vereinsjacke + Shirt, im Hintergrund rechts die “Loge” mit den 16 Live-Brettern.
Nach der letzten Runde ca. 400 Spieler hinter mir gelassen, auch einige Titelträger. Ein tolles Gefühl 🙂

Zum Ende möchte ich noch ein Dankeschön an den Verein für die dauerhafte Unterstützung aussprechen.

von
Felix Teichert

Lösungen:

Taktik 1: Lxe6+! Txe6(Kf8Tc8+ +-) Tc7+

alternativ: Tc7 Txc7 Dxe6+ Kf8 Dg8+ Ke7 Df7+ Kd8 Td1+ Kc8 De8#

Taktik 2: Lxd6! (entfernt den Verteidiger von e4) Dxd6 e4 mit sehr guter Stellung für weiß

Taktik 3: Sxd5! (Lxd5? Dc8+!Kg7 exd5 +-) Lg2 (Lc4?! Tc7!) Sf4!

Taktik 4: Schwarz sollte nicht den Turm nehmen, da der Läufer viel stärker ist. Deswegen …Kg7! Daraufhin gab weiß nach Tc7 fxg4 auf.

Taktik 5: Lxf6+!! (alle anderen Züge lassen schwarz nach …Txe5 noch gute Chancen)

also Lxf6+ Kxf6 Dh7! Te6 Txe6+! Dxe6 und Dxh6+ (Sxc7 geht auch) Ke7 Te1 +-