Regionalliga Nord 18/19 – 2. Spieltag

„Fairplay an oberster Stelle“

Mit dem SC Oranienburg III bekam unsere 1. Mannschaft am vergangenen 2. Spieltag (11.11.2018) in der Regionalliga Nord direkt eine große Aufgabe zugeteilt. Nichtsdestotrotz sammelte man alle zur Verfügung stehenden Kräfte und trat nahezu in Bestbesetzung an, um vielleicht den Erfolg aus der letzten Saison nochmal wiederholen zu können. Eines war jedoch klar: Einfach sollte es nicht werden, wie sich anhand der Oranienburger Aufstellung zeigt: 

Brett 1: Torsten Hannemann(1716)      –    Felix Teichert (1952)

Brett 2: Nikolas Nimptsch(1636)           –    Wolfgang Fiß(1690)

Brett 3: Rainer Witthuhn(1771)               –    Nadin Schiewe(1570)

Brett 4: Hauke Raasch(1601)                    –    Ralf Sawinsky(1700)

Brett 5: Manfred Schulz(1692)                 –    Frank Wessel(1589)

Brett 6: Angelina Jacoby (1496)               –    Peter Müller(1607)

Brett 7: Bernhard Roquette(1369)         –    Frank König(1517)

Brett 8: Christopher Luthardt(1542)    –    Peter Mutschmann (1373)

(Hinweis: Der jeweils Erstgenannte spielte mit Weiß. Die aufgeführten DWZ-Zahlen sind zu dem Zeitpunkt des Wettkampfes auf den neusten Stand aktualisiert worden.)

Bevor es Genaueres zu den einzelnen Partien gibt, noch etwas Interessantes vorneweg: Oranienburgs Durschnitts-DWZ lag bei gerundet 1614; unsere bei – jetzt kommt’s!!! – 1613! Eigentlich dachte ich beim allgemeinen Betrachten der vielen schönen Zahlen, dass Oranienburg leicht favorisiert gewesen sein müsste(die Betonung liegt dabei auf dem letzten Wort). Da merkt man mal wieder, wie schlecht ich im Schätzen bin. Zahlen scheinen wohl doch nicht so meins zu sein, wie noch vor drei Jahren angenommen. So viel jedenfalls dazu.

Nach etwa anderthalb Stunden endete die Partie am achten Brett. Christopher konnte einen Fehler seines Gegners, der sich nicht einmal vollständig entwickelte, frühzeitig ausnutzen und dem schwarzen, noch unrochierten König ein wenig in Richtung Zentrum jagen. Der erste Figurengewinn ließ dann mittels einer Fesselung und ausreichend Druck nicht allzu lange auf sich warten. Nahezu alle Figuren wurden getauscht und man landete im Endspiel. Als dann noch der gegnerische Springer, welcher neben ein paar Bauern die letzte verbliebene Figur auf schwarzer Seite war, gefangen wurde, stand dem vollen Punkt nichts mehr im Weg. 1 – 0 für Leegebruch.

Lange dauerte es allerdings nicht, bis Oranienburg ausglich: Anfang des Mittelspiels opferte Frank W. die Qualität, welchem ich persönlich auf dem ersten Blick etwas kritisch gegenüberstand, da ich nicht wirklich Kompensation dafür sah. Doch auch hier belehrte man mich eines Besseren: Laut Engine war das Qualitätsopfer korrekt und der beste Zug. Auch Franks Fortführung stimmte mit der Vorgehensweise der Engine überein – bis zu einem gewissen Punkt. Eine Ungenauigkeit führte dazu, dass Weiß fortan besser stand. Als Frank dann seine Dame bedauerlicherweise in ein Abzugsschach stellte, war die Partie schneller vorbei als ihm bestimmt lieb war. 1 – 1

Die Partie von Nadin war lange Zeit über im Gleichgewicht; zudem besaß sie einen Raumvorteil im Zentrum. An einer Stelle verrechnete sie sich leider, was sie eine Leichtfigur kostete. Der Figurenverlust wäre hierbei nicht nötig gewesen, da bei einem einfachen Wiederschlagen der zuvor genommenen Figur die Partie nach ein paar weiteren Täuschen in ausgeglichener Stellung weitergegangen wäre. Nach gelegentlichen Gegenspiel-Versuchen machte sich die weiße Figurenmehrheit bemerkbar und Nadin reichte ihrem Gegenüber die Hand. Oranienburg führte nun mit 1 – 2.

Zu der Partie von Nikolas gibt es dieses Mal eigentlich nicht viel zu sagen, außer, dass sie unspektakulär war. Wie sich bei der nachträglichen Analyse herausstellte, lag die Stellungsbewertung die ganze Zeit über in der Spanne von -0,1 bis +0,3. Richtige Action, wie man sie aus Bruce Willis-Filmen kennt, war – wie so viele Lebensmittel in der ehemaligen DDR – Mangelware. Schwarz bot schon früh zwei Mal in höflicher Form eine Punkteteilung an, die Nikolas aber beim derzeitigen Stand vorerst ausschlug. Im 29. Zug bot er aber dann selber Remis an, da seine Versuche, in die gegnerische Stellung einzudringen, zu keinem Erfolg führten. Dieses nahm Schwarz ohne zu zögern an. Klar könnte man jetzt denken, dass meine Punkteteilung bei der gegenwärtigen Führung Oranienburgs unvorteilhaft ist, nur zu dem Zeitpunkt standen unsere Bretter 1 und 7 auf Gewinn, sodass ein Weiterspielen der ohnehin schon wenig versprechenden Stellung für mich nicht infrage kam. 1 ½ – 2 ½.

Zuerst gewann unser 7. Brett: Frank K. konnte im frühen Mittelspiel den ersten Bauern einsammeln. Durch ein taktisches Motiv wurden daraus dann zwei Bauern, wenig später sogar drei. Das entstandene Endspiel war somit nur noch eine Frage der Technik. Frank ließ nichts mehr anbrennen und bescherte uns mittels seiner soliden Spielweise den vollen Punkt. Damit war der Ausgleich wieder da: 2 ½ – 2 ½.

Wie eben schon erwähnt stand auch Felix am Spitzenbrett auf Gewinn. Da ich direkt daneben saß, konnte ich den Partieverlauf gut verfolgen. Bei Zügen wie h5 von Schwarz in der Eröffnung wusste ich: Felix hat mal wieder Großes vor. Es entstand eine positionelle, aber dennoch dynamische Stellung, bei der Felix Weiß an Raum wegnahm. Felix gewann – ebenso hervorgerufen durch ein taktisches Motiv – mit der Zeit einen ganzen Turm; bei anderen Fortsetzungen wäre Weiß matt gegangen. Von nun an nahm die schwarze Armee gut dreiviertel des gesamten Brettes ein. Ein weiterer Figurenverlust, der wegen unzureichender Bewegungsfreiheit zustande kam, bewegte Weiß letztendlich zur Aufgabe. Leegebruch übernahm wieder mit 3 ½ – 2 ½ die Führungsrolle.

Vier Stunden Spielzeit waren nun mittlerweile vergangen und die zweite Zeitperiode lief. Angelina machte bis dahin ein sehr gutes Spiel gegen ihren nominell stärkeren Gegner. Keinem gelang es, einen Materialvorteil zu erspielen. So kam es, dass man in einem einfachen Turmendspiel mit je drei Bauern am Königsflügel landete. Weiß bot in völlig ausgeglichener Stellung mehrmals Remis an, welches Schwarz jedoch nicht annahm. Man wollte die Partie wohl doch noch versuchen zu gewinnen, da auch Angelinas Restbedenkzeit zunehmend weniger wurde. Große Fortschritte erreichte Schwarz aber vorerst nicht, weil der weiße Turm den schwarzen König abschnitt; zudem musste er auch stets ein Auge auf seinen rückständigen Bauern auf f7 haben. Aufgrund von nur noch einer Minute auf der Uhr beging Angelina Ungenauigkeiten, die Schwarz hätte ausnutzen und zum Gewinn führen können, aber er tat dies nicht. Angelina besaß lediglich wenige Sekunden auf der Uhr und wir befürchteten, dass ihr Gegner sie tatsächlich wegen akuter Zeitnot auflaufen lassen würde. Doch nach einem Zug, nach welchem die Engine wohlgemerkt wie die meiste Zeit zuvor auch wieder +0,00 anzeigte, bot Schwarz fairerweise selber Remis an, welches Angelina logischerweise annahm. Beim Betrachten des Partieverlaufes war das wirklich gerecht und vom sportlichen Gesichtspunkt aus betrachtet echt ein vorbildliches Verhalten. Ein großes Lob geht darum nach Oranienburg! Dies war ein schönes Beispiel dafür, dass der Schachsport an sich im Mittelpunkt stehen sollte und nicht die eigenen Interessen, die man mit allen Mitteln versucht umzusetzen. An dieser Stelle noch einmal nachträglich herzlichen Dank für die Fairness!

Es stand nun 4 – 3. Es fehlte lediglich ein halber Punkt. Hauke, welcher nun noch als letzter zugange war, bekam das mit und spielte von da an in einer sehr geschlossenen Stellung, bei der es für seinen Gegner überhaupt kein Durchkommen mehr gab, nicht mehr auf Gewinn, obwohl er es aufgrund einer Hebelmöglichkeit jederzeit hätte tun können. Stattdessen wartete er ab. Selbst auf einen taktischen Einschlag mit Bauerngewinn, nach welchem alle Zeichen auf Sieg für Hauke stehen würden, verzichtete er, um möglichen Gegenspielversuchen, die sich daraus ergeben könnten, aus dem Weg zu gehen. Schwarz hätte früher oder später selber einen Bauern opfern müssen, um die Stellung etwas geöffnet zu bekommen. Nach insgesamt 94 Zügen, wobei die letzten 50 Züge kein Bauer gezogen oder eine Figur geschlagen wurde, stand hier um kurz vor 15 Uhr der halbe Punkt auf dem Spielberichtsbogen.

Wer hätte das gedacht, dass wir erneut gegen eine gut besetzte Oranienburger Mannschaft gewinnen? Mit 4 ½ – 3 ½ ist der Sieg zwar im Vergleich zur Begegnung in der vergangenen Saison etwas knapper ausgefallen, aber Sieg ist Sieg! Selbstverständlich könnte jetzt der eine oder andere sagen, dass der Wettkampf auch Unentschieden ausgehen hätte können. An anderen Tagen verliert Angelina wegen Zeitüberschreitung und Hauke gewinnt seine Partie, was im Endeffekt auf das gleiche Resultat von 4 ½ – 3 ½ hinausläuft. Unterm Strich ist das Ergebnis also in Ordnung. Wie sich die Punkte letztendlich verteilen, ist nebensächlicher Natur. Schlussendlich zählt das Gesamtergebnis der Mannschaft.

Zwischenstand nach der 2. Runde:

Platz  Mannschaft  MP  BP  BW 
Schachclub Rathenow  4 – 0  10  44 
Leegebrucher Schachfreunde 4 – 0  40 
Schachclub Oberkrämer  3 – 1  43 
Schachclub Oranienburg III  2 – 2  10  51,5 
Schachclub Havelland  2 – 2  9,5  48,5 
Schach-Club Wittstock  2 – 2  39 
SV Wusterhausen  2 – 2  7,5  29 
SV Hellas Nauen II  1 – 3  5,5  16 
TSG Neuruppin  0 – 4  5,5  28 
10  Schachfreunde Zehdenick 76  0 – 4  21 

Wie sich erkennen lässt, befinden wir uns nun, wenn auch etwas überraschend, auf dem 2. Tabellenplatz. Zusammen mit dem SC Rathenow zählen wir zu den einzigen Mannschaften, die beide Auftaktspiele gewonnen haben. Jedoch wollen wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben, denn es stehen noch sieben Spieltage aus, unter anderem gegen die drei Aufstiegskandidaten Havelland, Rathenow und Wusterhausen. Auch Oranienburg III hatte ich ursprünglich mit dazu gezählt, da sie zu den vier Mannschaften mit der stärksten Aufstellung gehören.

Ich danke allen Spielern, die unseren Verein vertreten haben. Vielen Dank auch an Herrn Raasch und Frau Jacoby, die Angelina, Nadin und Hauke nach Leegebruch fuhren und wieder abholten! Ein weiterer Dank geht an Dieter, der sich wie immer um das Spielmaterial kümmerte! 

In nicht mal mehr zwei Wochen geht es schon mit dem 3. Spieltag weiter, wo wir dann wieder traditionell nach Nauen reisen dürfen – mittlerweile das vierte Jahr in Folge. Ob die Nauener noch wissen, wie man nach Leegebruch kommt? Darauf wird es vielleicht im nächsten Spieljahr eine Antwort geben. Jedenfalls, unsere Chancen stehen auch hier nicht schlecht, das vierte Mal die zwei Mannschaftspunkte aus Nauen mit nach Leegebruch zu nehmen. Alleine den psychologischen Vorteil haben wir auf unserer Seite, zumal würden wir Rathenow mit einem weiteren Sieg dicht auf den Fersen bleiben – lassen wir uns überraschen!

Nikolas Nimptsch

Spaß am Schach in Leegebruch

Spaß am Schach in Leegebruch