“Der Schiedsrichter – Dein Freund und Helfer”

Diese Überschrift entstand nicht einfach so. Als Schiedsrichter bei der diesjährigen Landesschulschach-Mannschaftsmeisterschaft (LSSMM) in Fredersdorf-Vogelsdorf fand bei der „Eröffnung“ des Turniers meiner jeweiligen Wettkampfklassen dieser Satz seinen Ursprung. Durchaus war er das Ergebnis gewisser Spontanität, doch hat ein weiser Mann, der den Namen Martin Sebastian trägt, maßgeblich und unbewusst zu dieser Äußerung beigetragen. 

Beim vom 09.03.18 bis 11.03.18 durchgeführten Schiedsrichter-Lehrgang zur Erwerbung der RSR-Lizenz (Regionaler Schiedsrichter) blieb Einiges an Wissen hängen. Es war ein Wochenende, wo Spielerinnen und Spieler mal zur Abwechslung eine andere Position einnahmen als vor dem Brett zu sitzen. Bei der Ausbildung stand vielmehr das tiefere Verständnis der landesinternen Turnierordnung, der FIDE-Regeln und weiterem auf dem Programm anstatt Stellungen bis ins kleinste Detail zu analysieren oder den besten Zug zu finden. Eine für einige vielleicht relativ neue, für andere nahezu bekannte Perspektive konnte mehr ergründet werden.

Alleine hatte ich jedoch nicht das Vergnügen. Mit Jan-Luca, Felix und meiner Person waren insgesamt gleich 3 Nachwuchsspieler der Leegebrucher Schachfreunde vertreten. Im Folgenden nahmen Schachfreunde aus Eberswalde, Berlin, Döbern, Senftenberg sowie Lindow teil und vervollständigten die Runde. Einer durfte keineswegs fehlen, und zwar unser Referent für Aus-, Fort- und Weiterbildung des LSBB – Carsten Stelter, der den Lehrgang gut organisierte und zusammen mit dem Dozenten IA Martin Sebastian überzeugend durchführte. Auch die örtlichen Gegebenheiten stimmten. Es erwartete einen viel, da der Zeitplan recht eng gestrickt war.

Nach der Zusammenkunft am Freitagnachmittag begann der Lehrgang zunächst mit allgemeinen Sachverhalten, bevor im späteren Verlauf neben der FIDE-Regeln der Einsatz für die LSSMM am Tag darauf durchgesprochen wurde. Grundsätzlich kamen Langschläfer aufgrund eines sehr frühen Klingelns des eigenen Weckers nicht auf ihre Kosten. Zum lange schlafen war man jedoch nicht extra angereist; vielmehr wollte man etwas lernen für seine Lizenz sowie bei der LSSMM am Samstag praktisch tätig werden. Jeder wurde als vollwertiger Schiedsrichter bei seinen jeweiligen Wettkampfklassen eingesetzt und durfte auch für den Tag einen Ausweis tragen, was definitiv eine super Sache war. Aus meiner Sicht kann ich behaupten, dass ich für knapp 5 Stunden durch den Einsatz als Schiedsrichter und der schnellen Identitätsänderung in Jan Philipp zu einer ganz anderen Person wurde. Von 10-15 Uhr duften dann eigenständig Entscheidungen getroffen und Fragen wie „Ist das Mahaaatt?“ von kleinen Schülerinnen und Schülern beantwortet werden. Zusammen mit dem routinierten Team der TSG Fredersdorf-Vogelsdorf lief das Turnier reibungslos. Danach war aber für alle Teilnehmer von uns noch nicht Feierabend. Wieder in der Unterkunft angekommen startete dann mit der Fortführung des Lehrgangs der zweite Teil des Tages, welcher sich noch bis in den späten Abend hinzog. Genauso ging es auch bis Sonntagmittag weiter. Das Ende des Lehrgangs bildete dann eine schriftliche Prüfung. Bei diesem Wort reagiert ein Student wie ich erstmal grundsätzlich allergisch, zumal die Klausur- und Prüfungszeit des Wintersemesters gar nicht mal so lange her ist. Nun bat man unser umfangreich erworbenes Wissen in geordneter Form zu Papier zu bringen. Auch potentielle Doktorarbeiten wurden zur Überprüfung eingereicht. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal aufrichtig entschuldigen, nur leider kann ich mich einfach nicht kurzfassen. Das führte zum Beispiel dazu, dass Carsten Stelter bei der Korrektur meines Werkes fast genauso lange zu tun hatte wie Martin Sebastian bei den anderen zum Zeitpunkt der Abgabe verbliebenen Arbeiten. Eine explizite Nennung einer Anzahl ist aufgrund meiner nachgelassenen Gedächtnisleistung nicht möglich, allerdings kann eine Schätzung gegeben werden. Ich glaube zu meinen, dass noch knapp 5 oder 6 Prüfungen offen waren, aber an sich ist das vielmehr nebensächlicher Natur. Sehr zu unserer Freude haben alle Teilnehmer in diesem Jahr die Prüfung erfolgreich bestanden und dürfen sich nun „Regionaler Schiedsrichter“ nennen. Weniger wissenswert ist die Anzahl der erreichten Punkte, also in anderen Worten ausgedrückt: Wie knapp es doch am Ende im Punkto Bestehen war – gerade bei den drei Leegebruchern (alle hatten 86 von 88 Punkten „erkämpft“ 😉 ). Ein Einsatz bis hin zur Oberliga ist nun theoretisch möglich. Jedenfalls, das war eine kurze Zusammenfassung von allen drei Tagen, damit man sich in etwa den Ablauf vorstellen kann.

Was haben wir gelernt? Der Schiedsrichter hat definitiv eine verantwortungsvolle Aufgabe. Ganz wichtig ist es in kritischen Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren und eine neutrale Entscheidung zu treffen. Diese sollten immer im Sinne der Spieler erfolgen – darum auch die Äußerung „Der Schiedsrichter – Dein Freund und Helfer“. Ebenso soll in den richtigen Momenten konsequent und einheitlich gehandelt werden. Wir Schiedsrichter sind glücklicherweise nicht vollkommen an die Regeln der FIDE gebunden, da sie einem einen eigenen Handlungsspielraum lassen. Auch nach außen hin sollte der Schiedsrichter bei einem Wettkampf jeglicher Art zeigen, wer sinngemäß der „Boss“ ist und sich den nötigen Respekt verschaffen. Ich denke, damit habe ich die wichtigsten Punkte genannt.

Äußerst kompetent war die Wissensvermittlung von Carsten Stelter und Martin Sebastian. Gerade Martin zeigte (auch bei der Einnahme einer Mahlzeit), dass er über langjährige Erfahrungen im Schiedsrichterdienst besitzt. An vielen Stellen brachte er gute Beispiele aus Turnier- und Bundesligaeinsätzen zum besseren Verständnis an. Von ihm konnte sich jeder für seine zukünftigen Einsätze etwas abschauen. Nochmals vielen Dank an Carsten und Martin für die entspannte Atmosphäre bei der Ausbildung!

Besonders positiv hervorheben möchte ich den praktischen Einsatz bei der LSSMM. Die direkte Verknüpfung mit dem Lehrgang ist rundum eine gute Idee und sollte nach Möglichkeit auch für zukünftige Lehrgänge beibehalten werden. Die Tatsache, dass die Lehrgangsteilnehmer zu dem Zeitpunkt des Wettkampfes noch nicht im Besitz einer vollwertigen Lizenz sind stellt kein Problem dar, da auch solche Schachfreunde durchaus schon über langjährige Schiedsrichtererfahrungen besitzen können. So ist es bei mir zum Beispiel der Fall. Eine Kritik daran ist demnach unangebracht. Zumal gab es immer noch genügend Regionale Schiedsrichter des örtlich ansässigen Vereins. Für die Ausbildungsteilnehmer bietet der Turniereinsatz die Möglichkeit, erste bzw. weitere Erfahrungen zu sammeln. Auch positive Rückmeldungen seitens der Schülerinnen und Schüler sowie der mitgereisten Betreuer und Eltern führen nur zu einer Bestätigung der eigenen Schiedsrichtertätigkeit und geben einem mehr Selbstsicherheit bzw. -vertrauen. Darum auch meine Bitte: Dieses unbedingt weiterführen!

Ich hoffe sehr, dass die Aus-, Fort- und Weiterbildung (sowohl von Schiedsrichtern, als auch von Trainern) in der noch vor uns liegenden Zeit weiterhin Bestand haben wird. Der Landesschachbund Brandenburg benötigt unbedingt mehr lizensierte Schiedsrichter, auch für einen reibungslosen Ablauf des Ligenspielbetriebes, welcher an der einen oder anderen Stelle durchaus noch verbesserungswürdig ist. Vielleicht schauen sich die Verantwortlichen mal den Aufbau des Spielbetriebes anderer Landesverbände an, denn einige Regelungen könnte man übernehmen. Um nur mal ein Beispiel zu geben wäre das Einreichen der Mannschaftsaufstellungen beim zuständigen Schiedsrichter spätestens 15 Minuten vor dem Wettkampfbeginn (wie in Berlin) ein Vorschlag, damit keine „Spielchen“ mit dem gegenseitigen nicht-ausfüllen des Spielberichtsbogens der Mannschaftsführer (bzw. warten, bis der Gegner eingetragen hat) mehr stattfinden können. In unserer Landesliga findet diese Vorgehensweise schon an Anwendung, doch nicht in allen Spielebenen in Brandenburg.

Vielleicht hat der ein oder andere nun Interesse an der Ausbildung zum Schiedsrichter gefunden, dann hätte mein Bericht seinen Zweck erfüllt. Je mehr es gibt, umso besser. Eventuell sieht man sich mal bei einem Turniereinsatz. Bis dahin alles Gute und auf erfolgreiche Entscheidungen!

 

Nikolas Nimptsch

 

Spaß am Schach in Leegebruch

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